Update: Informationen aus Nikolajev

UPDATE – – –  UPDATE – – – UPDATE – – – UPDATE – – – UPDATE – – – UPDATE

Lena schrieb am 3.10.: Das Einzige, was uns heute in unserer Stadt erfreut, ist warmes und sonniges Wetter. Am Nachmittag zeigte mein Thermometer im Hof ​​+29 Grad. Bei diesem Wetter können wir nĂ€chste Woche die Fensterverkleidungen mit Kunststofffolie und OSB-Platten fertigstellen. Leider war unsere Stadt in den letzten drei Monaten jeden Tag unter schwerem Beschuss. Raketen (von 2 bis 12 EinschlĂ€ge) treffen die Stadt zweimal nachts und einmal tagsĂŒber. Nach wie vor zerstören russische Truppen alles (Wohngebiete, KrankenhĂ€user, KindergĂ€rten, Schulen, UniversitĂ€ten, Hotels, Museen und Theater, Eisenbahnen, Unternehmen, Fabriken, HĂ€fen, Tankstellen, Umspannwerke, LagerhĂ€user, Getreidespeicher usw.).

Letzten Donnerstag trafen mehrere Raketen einen Block von der Kirche entfernt. Eine Rakete traf den Theaterhof. Das TheatergebĂ€ude und der Sommerhof, in dem Konzerte stattfanden, wurden durch Splitter und eine Druckwelle zerstört. Mehrere HĂ€user wurden beschĂ€digt. Zum zweiten Mal hat es auch unsere Fenster in der Kirche erwischt. Letzten Samstag haben wir angefangen, die Fenster abzudichten, die Fassade zu restaurieren (das Holzkreuz und die HaustĂŒr zu streichen. Wir mĂŒssen unsere schöne Kirche in Schuss halten. Jeder arbeitet nach seinen FĂ€higkeiten mit. In der Pause zwischen den Arbeiten gab es ein herzhaftes Mittagessen an der frischen Luft.

Am 12. Oktober jĂ€hrt sich zum 170. Mal die Weihe unserer Heilands-Kirche. Wir wĂŒrden uns freuen, Sie als unsere GĂ€ste zu begrĂŒĂŸen. Aber aufgrund des Krieges, der Abwesenheit von Mitgliedern des Chores und eines Teils der Gemeinde planen wir nur einen Gottesdienst, eine FĂŒhrung und Erfrischungen fĂŒr alle, die an diesem Tag unsere Kirche besuchen. Wenn es Gottes Wille ist, können wir den Tag so begehen.

Unser Pastor Sergei dient immer noch in der Region Ternopil, aber einmal im Monat kommt er nach Nikolajev und in die Dörfer Ivanovka und Gamovo, um mit uns das Abendmahl zu feiern. Aber jetzt haben wir GlĂŒck, der Bischof hat Pastor Sergey erlaubt, drei Wochen in Nikolaev zu sein. So werden wir das Erntedankfest und den 170. Jahrestag der Weihe von Kirche gemeinsam verbringen. Das ist fĂŒr uns alle eine große Freude. Gott sei Dank sind wir alle am Leben, relativ gesund und unsere HĂ€user und Wohnungen sind unbeschĂ€digt.

Und jetzt ĂŒber das Traurige. Über unsere RealitĂ€ten des Lebens in der Stadt von Nikolajev. Nach jedem Raketeneinschlag entstehen bis zu 5 m tiefe Krater. Dies beschĂ€digt Heizungsleitungen, Gasleitungen, Wasserleitungen, Stromleitungen. Die Bauarbeiter haben keine Zeit, sie wiederherzustellen. Die kritischste Situation ist die Wasserversorgung. Die ganze Stadt wird ĂŒberschwemmt nach EinschlĂ€gen bei den Wasserleitungen. FrĂŒher kam das Trinkwasser in der Stadt Nikolajev aus dem Dnjepr, aber nach der Zerstörung der Pipeline in der NĂ€he von Cherson durch russische Truppen war unsere Stadt seit Anfang April ohne Wasser. Trinkwasser wurde in der ganzen Stadt von Autos mit Kanistern geliefert. Und jeder besorgte sich Brauchwasser so gut er konnte.

Alle Bewohner der Stadt mit PlastikbehĂ€ltern (5l, 10l, … 40l) stellen sich in riesigen Schlangen neben Autos auf, um Trinkwasser zu zapfen und nach Hause zu bringen. Die Warteschlange löst sich auch wĂ€hrend der AnkĂŒndigung eines Alarms nicht auf. In den meisten FĂ€llen werden FahrrĂ€der, Mopeds, verschiedene Karren, Schubkarren, umgebaute Kinderwagen verwendet, um Wasser zu transportieren. Kaum einer hat ein Auto, Benzin ist teuer, und viele haben ihren Job verloren. In die Kirche bringen wir auch Trinkwasser fĂŒr Tee und Kaffee, um Geschirr zu spĂŒlen und die Blumen zu gießen. Wir haben die Blumen und BĂ€ume im Garten mit Wasser aus der Wasserleitung gegossen, aber es ist sehr salzig und einige Pflanzen starben ab.

Seit Mai wird Brauchwasser aus dem sĂŒdlichen Bug in das stĂ€dtische Wasserversorgungssystem eingespeißt, aber es ist sehr salzig und schmutzig (gelbes oder braunes Wasser fließt aus dem Wasserhahn). Aufbereitungs- und Entsalzungsanlagen können dieses Wasser immer noch nicht auf die erforderlichen sanitĂ€ren Standards bringen. Weiße KleidungsstĂŒcke kann man mit diesem Wasser nicht waschen, da sie schmutziger werden, als sie vorher waren. Salzwasser zerstört Rohre und Ventile in der ganzen Stadt. Dadurch bleiben immer öfter ganze StraßenzĂŒge und verschiedene Stadtteile ohne Brauchwasser.

Kleine UnfĂ€lle werden innerhalb eines Tages und große – nach 2-3 Wochen – beseitigt. Unser Stadtteil hatte Pech, wir haben ernsthafte SchĂ€den an der Wasserversorgung. Ich habe seit einer Woche kein Brauchwasser mehr, also muss ich 2-3 mal am Tag zu Wassertanks (400-500m), damit nicht nur zum Kochen, GeschirrspĂŒlen, Trinken fĂŒr uns und die Tiere genug da ist, sondern auch fĂŒr andere BedĂŒrfnisse. Was im Winter mit dem Wasser passiert, können wir uns kaum vorstellen.

Die Stadt bereitet sich schrittweise auf die Heizsaison vor. Versorgungsunternehmen vernageln zerbrochene Fenster in HochhĂ€usern mit Brettern. Ob es Gas geben wird, wissen wir nicht. Die Gaskosten fĂŒr eine Kirche waren im Januar 2022 siebenmal höher als die Gaskosten fĂŒr die Bevölkerung. FĂŒr das im Januar verbrauchte Gas mussten wir UAH 72.000,00 (ca 2000 €) bezahlen. Das ist eine sehr große Summe fĂŒr uns. Daher entschied sich die Gemeinde, ab Februar auf Gas zu verzichten und ĂŒber die Installation eines Elektroboilers nachzudenken. Aber der Krieg verĂ€nderte alles. Jetzt mĂŒssen Sie zuerst neue Fenster herstellen und installieren. Aber jetzt macht in der Ukraine niemand solche Fenster, wie wir sie in unserer Kirche haben, wegen der komplexen Form.

Diesen Winter wird unsere Kirche also nicht beheizt. Im Untergeschoss finden Gottesdienste statt. Einmal pro Woche schalten wir wÀhrend des Gottesdienstes Elektroheizungen ein. Wir hoffen, dass wir nicht frieren, aber die Blumen könnten an der KÀlte sterben.

Ich heize mein Haus mit Gas, aber es gibt einen Ofen im Haus, der mit Kohle und Holz beheizt werden kann. Ich habe keine Kohle, aber Brennholz habe ich schon gekauft. Es bleibt nur die Möglichkeit, nur einen Teil zu heizen. Der Rest des Hauses wird kalt bleiben.

Aufgrund der schwierigen Situation an der Front in Richtung Cherson leben die Einwohner von Nikolaev und der Region nur von Tag zu Tag. Gestern war sehr schwierig. Gegen 17:30 Uhr feuerten Smerch-Streugranaten auf ein Wohngebiet und eine Haltestelle des Nahverkehrs, Menschen kehrten von der Arbeit zurĂŒck. Dabei wurden 3 Menschen getötet und 11 verletzt. Gegen ein Uhr morgens trafen zwei schwere S-300-Raketen ein zehnstöckiges Wohnhaus. Ein Feuer brach aus, 8 Personen wurden verletzt, 3 von ihnen in ernstem Zustand. In dem Haus wurden viele Wohnungen in den oberen Stockwerken komplett zerstört, der Schutt wurde die ganze Nacht aussortiert. In vielen NachbarhĂ€usern flogen Glas, Fenster und TĂŒren heraus, Balkone wurden zerstört. Andere Raketen beschĂ€digten das Dach und die oberen Stockwerke der Klinik, Lagerhallen, das GebĂ€ude der Werft und mehr.

In dieser Woche gab es mehrere RaketeneinschlĂ€ge im Bereich der Sadovaya-Straße, wo die Sylbacher bei Ihrem letzten Besuch wohnten, das Vkladam-Hotel, der Platz, das Heimatmuseum, die Bauschule und andere GebĂ€ude wurden beschĂ€digt. – Wir sind auch besorgt ĂŒber das Referendum und die Annexion der besetzten Gebiete, sowohl in der Region Mykolajiw als auch in anderen Regionen.

Wir beten fĂŒr Cherson und fĂŒr alle, die sich in Besatzung und Gefangenschaft befinden, auch fĂŒr die StreitkrĂ€fte der Ukraine, fĂŒr unsere tapferen Verteidiger sowie fĂŒr das baldige Ende des Krieges und die Befreiung aller unserer Gebiete.

Danke fĂŒr deine Gebete, Lena

Lena schrieb am 1.10.: Heute gegen 4:00 Uhr morgens gab es einen weiteren Beschuss von Nikolaev. Eine der Raketen traf ein fĂŒnfstöckiges GebĂ€ude gegenĂŒber unserer Kirche. Die Druckwelle brach das Glas an allen Fenstern in der Kirche. Gott sei Dank, dass der Altar und das Buntglasfenster nicht beschĂ€digt wurden. Von den vier Fenstern, die wir mit Platten zugenagelt haben, hat nur eines ĂŒberlebt. Jetzt mĂŒssen wir wieder Materialien kaufen und die Arbeit organisieren. Heute wurden nur die Glasscheibe im Raum entfernt, damit morgen der Gottesdienst stattfinden kann.

Nachts gab es starken Beschuss in der Stadt. An einer Stelle wurden eine Frau und ein 3 Monate altes Kind verletzt.

Ich sende aktuelle Fotos. Mit Hoffnung auf Gott, Lena

Lena schrieb in der Nacht auf Mittwoch, 1. Juni: Leider hören wir nicht sehr tröstliche Nachrichten. Unsere aktuelle Situation ist sehr schwierig. Seit Freitag wird morgens, nachmittags und nachts hĂ€ufiger geschossen. Es gibt heftige KĂ€mpfe in der Region. GrundsĂ€tzlich treffen Raketen und Granaten Wohngebiete der Stadt, die sich in RIchtung Cherson befinden. Das sind Oktyabrskoye (wir waren dort mit den Jugendlichen aus Odessa im Schwimmbad), Kulbakino (dort leben Igor und Ira), aber auch die Gegend, in der ich lebe, und einige andere Mitglieder der Gemeinde. Infolge von RaketeneinschlĂ€gen gibt es Tote, viele Verwundete, HĂ€user, Wohnungen, GeschĂ€fte, Garagen, Autos, alles wird zerstört….

Heute hat die MilitĂ€rkommandantur gemeinsam mit der FĂŒhrung der Stadt den Bewohnern dieser Gebiete empfohlen, ihre HĂ€user fĂŒr einige Tage zu verlassen. Da besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit fĂŒr ernsthaften Artilleriebeschuss.

Am Sonntag frĂŒh am Morgen wollten wir gerade zur Kirche aufbrechen, aber der Beschuss begann und wir mussten den Gottesdienst absagen. Jeder musste sich an einen sicheren Ort begeben. Gestern Nachmittag gab es auch Granatbeschuss, aber nach 17:00 Uhr war es besonders schlimm. Mehr als 20 Granaten explodierten nicht weit von meiner Gegend innnerhalb 40-50 Minuten. Der LĂ€rm war schrecklich, Fenster und TĂŒren zitterten. Aber der Herr hat unsere Gebete erhört und uns gerettet. Als alles anfing, war ich im Hof ​​und habe die Hunde gefĂŒttert. Einer meiner HUnde lief vor mir ins Haus und warnte mich so. Eine der Töchter meines Ă€lteren Bruders lebt in einer Wohnung im 3. Stock eines dreistöckigen GebĂ€udes, was sehr gefĂ€hrlich ist. Nach dem gestrigen Alptraum zog meine Nichte mit ihrer Familie zu mir. Jetzt sind wir wieder zu fĂŒnft.

Wir danken Eurer Gemeinde fĂŒr die GebetsunterstĂŒtzung. – Morgen verlĂ€sst Pastor Sergei Ternopil, um an Pfingsten einen Sonntagsgottesdienst in Nikolajev zu halten. Wir beten, dass der Herr ihn auf der Straße bewahrt. Mit Gebet und Hoffnung auf Gott, Lena

Lena schrieb Montagabend, 23.5.: Die Gemeinde der Stadt Nikolaev dankt Ihnen aufrichtig fĂŒr Ihre Gebete. Es ist sehr wichtig fĂŒr uns. Wir brauchen sie wirklich.

Wir haben keine Änderungen. Jeden Tag und jede Nacht feuern russische Truppen Raketen und Streugranaten auf Wohngebiete der Stadt und Dörfer der Region. In den Dörfern an der Front wurden fast alle HĂ€user zerstört. Die Bewohner dieser Dörfer können einfach nirgendwo hin. Es ist sehr beĂ€ngstigend.

Aber auch in dieser schwierigen Zeit geht das Leben weiter. Mit Gottes Hilfe haben wir uns am Samstag in der Kirche versammelt, um im Hof und im KirchengebĂ€ude Ordnung zu schaffen. Nach heftigen RegenfĂ€llen und warmen Sonnentagen ĂŒberholte das Gras die Blumen. Ich musste sie retten. Die Jungs sĂ€gten trockene Äste an den BĂ€umen ab und mĂ€hten den Rasen.

Am Sonntag haben wir wieder alleine einen Gottesdienst gehalten. Wir beten, dass der Herr Pastor Sergey erlaubt, zu Pfingsten oder Dreifaltigkeit zu uns zu kommen. – In Dankbarkeit, Lena

Lena, die uns ĂŒber die Situation in Nikolajev auf dem Laufenden hĂ€lt, ist die dritte von rechts.

Lena schrieb am 17.5.: Die Frage, ob man fliehen soll oder nicht, ist schwer zu beantworten. Die Situation, in der sich viele MĂŒtter befinden, um das Leben ihrer Kinder zu retten, ist psychisch besonders schwer. Eine Frau ist zwischen ihren Kindern und ihrem Mann, der sich tĂ€glich in Gefahr befindet, hin- und hergerissen. Und niemand weiß, wie lange es dauern wird. Wie viele Monate und vielleicht Jahre wird man in einem fremden Land leben mĂŒssen.

Vielen Dank an die Menschen, die FlĂŒchtlingen aus der Ukraine ihre Unterkunft zur VerfĂŒgung stellen. Ich weiß, wie schwierig es ist. Eine fremde Familie mit einem 14-jĂ€hrigen Jungen und einem 12-jĂ€hrigen MĂ€dchen lebte nur zwei Wochen bei mir, aber es schien mir, als wĂ€ren bereits 2 Monate vergangen. Menschen spenden ihre Wohnung, ihre Finanzen, ihre persönliche Zeit …. Wir mĂŒssen alles dankbar annehmen und nicht vergessen, dass uns niemand etwas schuldet.

In Nikolaev und dem Gebiet Ă€ndert sich nichts. Jeden Tag, Tag und Nacht, werden StĂ€dte und Dörfer mit Raketen beschossen, HĂ€user, KrankenhĂ€user, Straßen zerstört. Es gibt Opfer. Am Sonntag haben wir wieder alleine, ohne Pfarrer, einen Gottesdienst gehalten. Der Montag begann fĂŒr uns alle morgens um 5 Uhr mit Raketenangriffen. Raketen beschĂ€digten WohngebĂ€ude, eine Autowaschanlage, GeschĂ€fte, Privatautos und ĂŒberall brachen BrĂ€nde aus. Der Tag war auch unruhig. Am 12. und 13. Mai zerstörten mehrere Raketen PrivathĂ€user in meiner Gegend. Die an der Front gelegenen Dörfer leiden sehr, da es zu KĂ€mpfen um die von russischen Truppen besetzten Gebiete kommt.

Mit Glauben und Hoffnung auf Jesus Christus, herzliche GrĂŒĂŸe, Lena

Lena schrieb am Dienstagabend, 10.5.: Guten Abend! Der Abend ist wirklich gut, weil es ruhig ist. Genauso ruhig war es heute. In der aktuellen Situation in der Ukraine ist dies sogar alarmierend. Vom 4. Mai bis gestern gab es viele Raketenangriffe auf unsere Stadt und die ganze Region. Es gibt Tote und Verwundete. Viele zerstörte HÀuser, GeschÀfte, Eisenbahnen, Schulen, Bibliotheken und andere Einrichtungen. Raketen haben den Zoo schon mehrmals getroffen.

Gott ist uns gnĂ€dig. Alle unsere HĂ€user, Wohnungen und unsere Kirche sind intakt. (Ich werde den Mails ein Foto der Folgen des Beschusses beifĂŒgen). Auf Grund der schweren Angriffe hatten wir am 8. April keinen Gottesdienst.

Ich gehe jetzt nicht zur Arbeit. Unser Hafen ist derzeit nicht arbeitsfĂ€hig. In Nikolajev arbeiten fast keine Fabriken und Unternehmen mehr. SupermĂ€rkte schließen. BaumĂ€rkte, Friseure haben nicht geöffnet. Der Stadtverkehr ist fast zum Erliegen gekommen. Lediglich LebensmittelgeschĂ€fte, teilweise Apotheken, PostĂ€mter, KrankenhĂ€user, Bestattungsunternehmen und Stadtwerke, die die Stadt mit Gas, Strom, Wasser und MĂŒllentsorgung versorgen, sind geöffnet.

Seit gestern haben wir wieder Brauchwasser. Mann kann es nicht trinken oder zum Kochen benutzen aber die Toiletten und Duschen funktionieren wieder. Das ist fĂŒr alle eine große Freude, da es seit dem 12. April kein Wasser mehr gab. Trinkwasser wird uns in ein bis zwei Wochen versprochen.

Jetzt warten wir alle auf das Ende des Krieges. – In Dankbarkeit, Lena

Lena schrieb am Dienstag, 3.5.: Die Gemeinde der Stadt Nikolaev sendet herzliche GrĂŒĂŸe an alle. Gott sei Dank konnten wir einen Sonntagsgottesdienst in der Kirche abhalten. Der Gottesdienst fand nicht im Keller, sondern ganz oben statt. Die MĂ€dchen sangen Lieder. Das Altarfenster ist intakt. – In Nikolajev ist alles unverĂ€ndert. Wir alle halten fest und hoffen auf den Herrn, dass wir auf das baldige Ende dieses Albtraums warten. Lena

Lena schrieb am 30.4.: Danke fĂŒr Eure Gebete. Dank ihnen geht es uns gut. Der Herr schĂŒtzt uns. Alle Mitglieder der Gemeinde leben, unsere HĂ€user und Wohnungen sind intakt. Trotz des tĂ€glichen Beschusses der Stadt und der ganzen Region mit Raketen wollen wir uns am Sonntag in der Kirche versammeln. Wir bereiten einen Gottesdienst fĂŒr diejenigen vor, die kommen können.

Die Stadt hat Strom, Gas, Lebensmittel. Es gibt immer noch kein Wasser. Aber wir bekommen Wasser aus den umliegenden StĂ€dten. Außerdem gibt es in vielen Datschen Brunnen, in denen Wasser von Pumpen gepumpt und abgefĂŒllt wird. Der Krieg verĂ€ndert das ganze gewohnte Leben.

Es findet eine Neubewertung der Werte statt. Es kommen viele schlechte Dinge heraus, aber es gibt noch mehr gute Dinge. Die Menschen organisieren selbst die Lieferung von Wasser an die Nachbarn. 1000-Liter-Tanks werden auf Personenwagen geladen und in abgelegene Gebiete transportiert. NatĂŒrlich gibt es Probleme, in der Stadt ist es schwierig, an Tankstellen Kraftstoff zu finden, es gibt nicht genug Medikamente in Apotheken. Die Stadt erhĂ€lt humanitĂ€re Hilfe, die Freiwillige an Behinderte oder kinderreiche Familien verteilen, aber vor allem fĂŒr Ă€lteren Menschen ist es sehr schwierig. Menschen mit chronischen Krankheiten haben ein Rezept, können aber keine Medikamente kaufen, weil sie in den Apotheken der Stadt nicht erhĂ€ltlich sind.

Aber das Leben geht weiter. Und fĂŒr all das sind wir Gott dankbar. – Wir sind unseren Soldaten dankbar, die an der Grenze der Gebiete Cherson und Nikolajev kĂ€mpfen. In Snigirevka, Region Mykolajiw, hat die Zahl der russischen Truppen und AusrĂŒstung zugenommen. Sie werden Nikolajev immer noch von mehreren Seiten angreifen. Aber wir HALTEN!!!

Die Natur macht uns glĂŒcklich. Alles blĂŒht, duftet, die Bienen im Garten summen. In Dankbarkeit Lena

Lena schrieb am spĂ€ten Montagabend, 25.4.: Seit dem 21. April beschießen russische Truppen Tag und Nacht unsere Stadt und die gesamte Region mit Smertsch-Raketen. Am Freitag und Samstag war es nicht sehr ruhig, daher forderte die Stadtverwaltung alle BĂŒrger auf, zu Hause zu bleiben. Sie hatten Angst vor dem Beschuss von Kirchen zum orthodoxen Osterfest. Deshalb haben wir keinen Gottesdienst in der Kirche abgehalten.

Raketen beschießen Wohngebiete der Stadt und der umliegenden Dörfer. Es gibt immer Verwundete und manchmal Tote. Ihr habt wahrscheinlich in den Nachrichten gesehen, dass infolge des Beschusses der Stadt Odessa am Nachmittag des 23. April eine der Raketen ein Wohnhaus getroffen hat (8 Menschen wurden getötet und mehr als 20 Menschen verletzt). – Wir haben es schon satt, unsere NĂ€chte im Keller zu verbringen. Da ist es nicht sehr gemĂŒtlich. Niemand weiß, wo die nĂ€chste Rakete landen wird. All dies geschieht zufĂ€llig. Das ist echtes Roulette. Deshalb beteten wir, lasen die Psalmen und gingen mit der Hoffnung auf Gott im Haus zu Bett.

Es ist kein Wasser im Wasserhahn. Aber das ist nicht das Schlimmste. Wasser in großen Tanks wird mit dem Auto in alle Stadtteile gebracht und jeder kann es sich selbst entnehmen. Auf dem Territorium von KrankenhĂ€usern werden Brunnen gebaut und man versucht, die Wasserversorgung zu sichern. Wir gehen sparsam mit Wasser um. Leider stehen nicht alle Dörfer im Gebiet von Nikolajev unter der Kontrolle des ukrainischen MilitĂ€rs. Snigirevka und mehrere Dörfer in der NĂ€he sind immer noch von russischen Truppen besetzt. Die Dörfer, die an der Grenze zur Region Cherson liegen, befreit die ukrainische Armee langsam.

Aber reden wir nicht ĂŒber traurige Dinge. Wir glauben an den Sieg der StreitkrĂ€fte der Ukraine. Mit Gottes Hilfe muss unsere Armee Cherson und die Regionen Cherson, Mariupol, Donezk, Lugansk usw. befreien.

 

Lena schrieb am Ostersonntag, 17.4.: Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Liebe Sylbacher! Die Gemeinde von Nikolajev freut sich mit Euch allen zum Großen Fest der Auferstehung Christi! Heute hatten wir den glĂŒcklichsten Tag der letzten zwei Monate. Wir riefen voller Freude und Hoffnung: Christus ist auferstanden! Wirklich auferstanden! Unser Pastor Sergei kam an und wir feierten das heilige Abendmahl. Trotz der schweren Wirklichkeit des Lebens – WIR SIND GLÜCKLICH!

Nikolajev steht jeden Tag neu unter chaotischem Beschuss. Raketen trafen Wohngebiete, KrankenhĂ€user, KindergĂ€rten und verschiedene GeschĂ€fte. Es gibt Tote und viele Verwundete. Seit dem 12. April gibt es in der Stadt kein Leitungswasser mehr. Das Wasser in Nikolajev kommt aus Cherson, und dort wird schwer gekĂ€mpft. Die Leitungen sind unterbrochen. Wir haben damit gerechnet und WasservorrĂ€te angelegt. Alle sind vorbereitet. Die Stadtverwaltung organisierte Wasserlieferungen in allen Bezirken der Stadt. Heute sind wir sogar zur Kirche gegangen und haben Trinkwasser fĂŒr den Tee mitgenommen.

In der Hoffnung auf eine ruhige Nacht, Lena

Altarfenster der Nikolajever Kirche: Das leere Grab.

Lena schrieb am Mittwoch, 13.4.: Am 29. MĂ€rz, als eine Rakete das GebĂ€ude der regionalen Staatsverwaltung traf, wobei 36 Menschen getötet und etwa 40 Menschen durch die TrĂŒmmer verletzt wurden, wurden auch angrenzende GebĂ€ude beschĂ€digt. In vielen HĂ€usern und Wohnungen flogen Fenster und Glas durch die Druckwelle heraus. In unserer Kirche wurde auch das Glas an den Fenstern im Keller und im Obergeschoss beschĂ€digt. Es gibt Risse im Inneren des GebĂ€udes. Wir sind noch nicht aufs Dach gestiegen. Ob es dort SchĂ€den gibt, weiß ich nicht. An den großen 4 Fenstern ist Glas auf beiden Seiten des GebĂ€udes zerbrochen. Das bunte Altarfenster hat Risse, ist aber intakt. Wir haben bereits eine Folie gekauft, um die Fenster irgendwie abzudichten, haben dies aber noch nicht getan.

Die Angriffe sind ja noch nicht vorbei. Der Beschuss der Stadt geht jeden Tag weiter, und niemand weiß, was noch zerstört werden wird. Auch ist es momentan nicht möglich, neue Fenster in Nikolajev zu bestellen. Das Unternehmen, das fĂŒr uns die Fenster herstellt und montiert hat, biegt die Profile der Fensterrahmen nicht selbst. Das wurde in einer anderen Stadt gemacht. Gebe Gott, dass all dies bald endet und Unternehmen in der ganzen Ukraine ihre Arbeit wieder aufnehmen können.

Aber wir haben auch gute Nachrichten. Der Bischof hat Pastor Sergej erlaubt, zu Ostern nach Nikolajev zu kommen. Bitte betet, dass der Herr diese Reise segnen und unseren Pastor bewahren möge. Und auch, dass die Stadt am Ostersonntag nicht bombardiert wird und wir sicher zum Gottesdienst und wieder nach Hause kommen. In Dankbarkeit Lena

Lena schrieb am Dienstag, 12.3.: Gott sei Dank versammelten sich am Sonntag ich, Ira, Igor und drei weitere Personen in der Kirche, die Ihr nicht kennt. Sie sind neu in der Gemeinde. Ich habe die Liturgie vorbereitet und Bruder Roman die Predigt (Foto unten). Wir hielten den Gottesdienst im Keller ab, da oben Salven und Explosionen sehr laut zu hören waren. Schwester Lilia, Margarita (sie war in Sylbache) und ihr Sohn konnten nicht dorthin kommen. Nach dem Gottesdienst haben wir gemeinsam Tee getrunken. Schwester Oksana hat einen Kuchen gebacken. Immerhin haben wir uns 1,5 Monate nicht gesehen. Obwohl wir jeden Tag in Viber kommunizieren. Dort haben wir vor einem Jahr die Kirch-Gruppe gegrĂŒndet und jeden Tag treffen wir uns dort, besonders wĂ€hrend der Raketenangriffe.

Tolle Worte in diesem Lied. (Gemeint ist das Lied:

Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blĂŒht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging,
Soviel Blut auch schreit,
Achtet dieses nicht gering,
In der trĂŒbsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
Eine Welt vergeht.
Doch des Lebens BlĂŒtensieg
Leicht im Winde weht.)

Trotz aller tragischen Ereignisse… – DAS LEBEN geht weiter. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, alles blĂŒht. Und ich glaube, dass dieser Albtraum bald enden wird und FRIEDEN kommen wird.

Wir sind alle wohlbehalten nach Hause gekommen. Und am Abend begann wie ĂŒblich der Beschuss der Stadt. Es wurde ein Luftalarm angekĂŒndigt, der bis fast 6 Uhr morgens andauerte. Irgendwann gegen 22:20 Uhr ertönte eine riesige Explosion, die in allen Teilen der Stadt und sogar in Cherson zu hören war. Es war ein Marschflugkörper, der an meiner Arbeitsstelle einschlug. Der Hafen, bei dem ich arbeite, liegt außerhalb der Stadt in Richtung Cherson. FrĂŒher war unser Hafen ein MilitĂ€rhafen, aber jetzt beschĂ€ftigen wir uns hauptsĂ€chlich mit dem Warenumschlag: Kohle, Ton, Metall, verschiedene Getreidearten, DĂŒngemittel.

Durch die Explosionen flogen in fast allen GebĂ€uden die TĂŒren und das Glas aus den Fenstern heraus. Gut, dass es keine Verletzten gibt. Nur Glasschnitte. Wir gehen seit dem 24. Februar nicht zur Arbeit. Der Hafen arbeitet im Standby-Modus (Sicherheit, Feuerwehr, Elektriker, Schlosser, Schweißer – 24 Stunden). Ein Foto meines Arbeitsplatzes schicke ich mit.

Wir beten, dass der Herr uns zumindest am Ostersonntag erlaubt, uns zu versammeln. Wir haben Pastor Sergei angerufen, wenn der Bischof es ihm erlaubt zu kommen und die Situation in der Ukraine es zulÀsst, dann wird er vielleicht bei uns sein. Denn wir haben seit Februar kein Abendmahl empfangen.

Wir bitten weiter um Eure GebetsunterstĂŒtzung. Danke fĂŒr alles, Lena

Am Sonntagmorgen, 10.4. schreibt Lena: Ich bin schon in der Kirche und warte auf alle, die dort hinkommen können. Wir bereiten einen Gottesdienst vor. FrĂŒhling. Alles blĂŒht. MagnolienblĂŒten werden bald an einem jungen Baum blĂŒhen. Hab einen gesegneten Tag, Lena.

Am Samstag, 9.4., schrieb Lena: Der Herr gibt uns Kraft dank Eurer Gebete. Wir brauchen sie wirklich. Unser letzter Gottesdienst in der Kirche war am 20. Februar 2022. Nachdem die russischen Truppen am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert waren, wurde unser Pastor Sergej vom Bischof in eine andere Stadt geschickt. Aufgrund des stÀndigen Beschusses der Stadt hatten wir keine Gelegenheit, Gottesdienste zu feiern. Aber bald ist Ostern, und morgen ist Palmsonntag, und wir wollen uns unbedingt in der Kirche versammeln. Wenn es Gottes Wille ist, wird es morgen friedlich bleiben. Auch heute sind in der Stadt und im Gebiet von Nikolajev wieder Salve und Explosionen zu hören. Von Cherson aus werden Raketen abgefeuert.

Mal sehen, wie die Nacht verlÀuft. Ich bete jeden Tag das Abendgebet von Martin Luther. Lena

Am Mittwochabend, 6.4. schrieb Lena: Guten Abend liebe Sylbacher. Die Nacht und auch dieser Tag heute sind in Nikolaev ruhig verlaufen. Ich war sogar im Supermarkt einkaufen, um Gurkensamen und ein spezielles Netz dafĂŒr zu kaufen. Wir hatten heute einen warmen Tag und ich habe angefangen, den Garten zum Anpflanzen von GemĂŒse vorzubereiten. Das Leben geht weiter. Mit Gottes Hilfe wird dieser Horror enden. In umliegenden Dörfern schlugen nachts Raketen ein, die HĂ€user und Bauernhöfe zerstörten. – Auch jetzt sind irgendwo in der Ferne SchĂŒsse zu hören. Das sind aber unsere Truppen.

Danke fĂŒr Eure Gebete. Ich singe immer Lieder mit euch. Wenn ich es nicht live machen kann, dann schaue ich mir die Aufzeichnung spĂ€ter an. Und andere Mitglieder unserer Gemeinde auch. Die in Nikolaev verbliebenen Gemeindeglieder schicken euch allen herzlichen GrĂŒĂŸe. Wir beten fĂŒr den Frieden mit euch zusammen. Lena

Nachdem sich die russischen Truppen von Kiev zurĂŒckgezogen haben, wurden die KĂ€mpfe in der Region von Nikolajev verstĂ€rkt.

Lena schrieb am Dienstagabend, 5.3.: Vielen Dank fĂŒr die Einladung und Euer Gebet. Leider fĂŒhlen wir uns ĂŒberhaupt nicht sicher. Vor allem von Sonntagnachmittag bis heute Morgen. Die Stadt wurde Tag und Nacht von Raketen beschossen. Sie bombardierten Wohngebiete, Fabrikanlagen, ein Kinderkrankenhaus, ein Krankenhaus und zwei weitere KrankenhĂ€user in verschiedenen Stadtteilen sowie einen Markt. Menschen an der Bushaltestelle und im Nahverkehr wurden verletzt. Es gab viele Verwundete und Tote.

Heute war es tagsĂŒber ruhig. Ich hoffe sehr, dass die Nacht auch ruhig wird. Wir beten und vertrauen auf Gott. Wir haben alles, was zum Leben notwendig ist, außer einem friedlichen Himmel. In Dankbarkeit, Lena

Nachdem gestern ĂŒber mehrere KanĂ€le die Information kam, dass eine Familie aus unserer Partnergemeinde ausgebombt sei und in der Kirche Zuflucht gefunden hĂ€tte, kam heute, 31.3., die Entwarnung von Lena:

Keine Sorge. Ira und Igor geht es gut. Haus und Wohnung sind intakt. Nur liegt ihr Wohnviertel liegt in der NĂ€he des oft bombardierten Flugplatzes. Dort ist es sehr beĂ€ngstigend. Deshalb leben sie jetzt bei ihrem Ă€ltesten Sohn. Seine Frau und zwei Kinder gingen ins Ausland. – Die Nacht in der Stadt verlief ruhig. Eben wurde in der gesamten Region erneut Luftalarm ausgerufen. Irgendwo in der Ferne sind Explosionen zu hören. – Danke fĂŒr eure Gebete, Lena

Lena schrieb am Montag, 28.03.: Russische Truppen zogen sich von Nikolajev zurĂŒck. Nur wenige Siedlungen der Region blieben (Snigirevka und benachbarte Dörfer). Die Evakuierung von Menschen aus den Dörfern geht weiter. Nicht immer besteht eine Verbindung zu den Bewohnern der Dörfer.

Die Situation in der Stadt ist ein wenig stabilisiert. Es gibt Strom, Wasser, Gas, Lebensmittel, Benzin. Apotheken funktionieren, aber sie haben keine lebenswichtigen Medikamente. Am schwersten haben es Rentner, vor allem die alleinstehenden. Freiwillige arbeiten, aber sie können nicht fĂŒr alle sorgen. Der Stadtverkehr begann auf neuen kurzen Strecken (drei, vier Male pro Tag) zu verkehren.

Aber in der Stadt und den Siedlungen der Region Nikolajev setzen sie Tag und Nacht die Raketenangriffe fort. Raketen trafen Wohngebiete, Schulen, KrankenhĂ€user, KindergĂ€rten. Unter der Zivilbevölkerung gibt es Tote und viele Verletzte. Raketen werden von Schiffen und von der Krim abgefeuert. Das ukrainische MilitĂ€r versucht, Raketen in die Luft abzuschießen, damit es weniger Zerstörung gibt.

Gott sei Dank fĂŒr alles. Er beschĂŒtzt mich und mein Zuhause. Am 24. MĂ€rz nach 20:00 Uhr wurde mein Gebiet beschossen. Der Strom fiel sofort aus. Die Frau meines Ă€lteren Bruders und ich saßen bis 2 Uhr morgens im Keller, und dann gingen wir einfach ins Haus, lasen ein Gebet und gingen ins Bett. Einschlafen war nicht möglich, weil bis zum Morgen Salven und Sirenen zu hören waren. Am Morgen erfuhren wir, dass eine Granate in der Nachbarstraße gelandet war. Die Splitter flogen bis auf die DĂ€cher meiner Nachbarn. Gott sei Dank geht es mir gut. Andere Raketen zerstörten mehrere HĂ€user, Autos, DĂ€cher. Es gibt Schwerverletzte.

Am Samstagnachmittag, dem 26. MĂ€rz, wurde das Dorf Zaichevskoye in der NĂ€he von Nikolajev beschossen. Viele HĂ€user wurden zerstört. Es gibt ein Landhaus mit meinem Freund. Sie sind seit Kriegsbeginn dort. Am 8. MĂ€rz reisten seine Frau und seine Kinder nach Polen ab, aber er blieb. Am Samstagabend wollte er FlĂŒchtlinge aufnehmen. Am Morgen kochte er Essen und ging dann in ein GeschĂ€ft. Das hat ihn gerettet. Das „Geschenk“ flog auf seinen Hof. Das Auto war kaputt, das Dach, die KĂŒche, die Toilette waren völlig zerstört, es ibt keine Fenstermehr  im Haus. Drei alte BĂ€ume werden wie mit einem Messer zerschnitten.

Heute sind irgendwo in der Ferne einzelne Explosionen zu hören. So leben wir. Danke fĂŒr eure Gebete. Der Herr hört sie. Danke fĂŒr alles, Lena

Lena schreibt am Mittwochmorgen, 23.3.: Gott sei Dank leben wir, und es geht uns gut.

Gestern und heute setzen sie die Angriffe auf Nikolaev und andere Ansiedlungen des Gebiets von Nikolaev fort. Fliegeralarm wird sowohl tagsĂŒber als auch nachts (4-6 mal tĂ€glich) gemeldet. Dies bedeutet, dass die Menschen die ganze Zeit ĂŒber in SchutzrĂ€umen sein mĂŒssen.

Es ist sehr anstrengend, weil in meinem Keller kein Platz ist, um Betten aufzustellen. Deshalb lesen wir Psalmen (36, 26, 90 usw.), beten das Abendgebet Martin Luthers und gehen im Haus zu Bett.

Ich werde eine Aufzeichnung von der Heimvideokamera eines unserer Gemeindeglieder schicken. Vielen Dank fĂŒr Eure Gebete. Mit Hoffnung auf den Herrn, Lena.

Lena schrieb am Montag, 21.3.: Alle meine „Untermieter“ ziehen langsam aus (weil sie versuchen, die Stadt zu verlassen). Wir sind nur noch zu zweit, ich und die Frau des verstorbenen Ă€lteren Bruders. Ich lĂŒge, es gibt noch 2 Hunde und 5 Katzen.

Nikolaev wird weiterhin jeden Tag bombardiert. Der Morgen des 18. MĂ€rz begann um 5 Uhr mit Luftangriffen. Eine Granate fiel 70-80 m vom Haus unseres Freundes entfernt (seine Tochter verließ heute mit meinem Bruder die Stadt). Am selben Tag traf ein weiteres großes Projektil oder eine Rakete die Kaserne der MilitĂ€reinheit, als unsere Soldaten noch schliefen. Der Schutt des GebĂ€udes wurde ĂŒber 2 Tage abgetragen. Mehr als 100 Menschen starben, und viele wurden verletzt.

Heute gab es 3 mal Fliegeralarm: von 6:40 bis 8:00; von 12:30 bis 14:00 Uhr und von 16:20 bis 20:00 Uhr. Wir haben es schon satt, im Keller zu sitzen. Aber das ist notwendig, denn heute hat die Granate die Tankstelle getroffen, ca. 1,5 km von meinem Haus entfernt, 3 Menschen starben. (Die mitgeschickten Fotos können hier nicht gezeigt werden, weil sie die Leichen zeigen…)

Jetzt werden wir im Haus mit Gebet und Hoffnung auf den Herrn zu Bett gehen. GrĂŒĂŸe aus Nikolajev, Lena.

 

Nikolajev ist fĂŒr die russische Armee der BrĂŒckenkopf auf dem Weg nach Odessa. Immer öfter hören wir auch in den Hauptnachrichten von Bombardements und Angriffen auf die Stadt. Das Internet und das Telefonnetz sind mehr oder weniger zusammengebrochen. Darum gibt es seltener direkte Informationen aus unserer Partnergemeinde. Aber am Sonntagabend, 20.3. schrieb Lena:

Gott sei Dank leben wir, und es geht uns gut. Das Internet funktioniert nicht gut, deshalb antworte ich erst heute. Gas, Strom, Wasser, Lebensmittel sind vorhanden. Ich schreibe morgen ausfĂŒhrlicher.

Mein Bruder und seine Frau fahren zu ihrer Tochter nach Hamburg. Eine Nichte mit einem 11-jÀhrigen Sohn und eine Tochter von Freunden reisen mit ihnen.

Lena

 

Lena schreibt am DIenstagmorgen, 15.3.: Wir halten durch. Der Samstagnachmittag und die Nacht verliefen relativ ruhig. Die KĂ€mpfe fanden außerhalb der Stadt statt. Die Dörfer in der NĂ€he von Nikolajev haben sehr gelitten. Der Sonntagmorgen begann mit Luftangriffen. Ein Flugzeug flog sehr tief ĂŒber uns hinweg und warf zwei Raketen oder Bomben (ich weiß es nicht genau) nicht weit von uns ab. Gott sei Dank wurde niemand verletzt. Als wir aus dem Keller stiegen, sahen wir am Ende der Straße viel schwarzen Rauch. Eine Granate traf ein FirmengelĂ€nde, und die andere schlug in der NĂ€he der Eisenbahn ein. Dann gab es Beschuss in anderen Teilen der Stadt.

Sie haben einen Supermarkt beschossen und Menschen wurden verletzt und getötet. In fast der ganzen Stadt fiel der Strom aus. Manche Dörfer sind zu 70-80% zerstört, es gibt immer noch keinen Strom. Ich habe gestern Strom bekommen. Wir haben Lebensmittel. Das Wetter, das wir heute haben, ist auch wunderbar, strahlend blauer Himmel, und die Sonne scheint. Aber sie kĂŒndigten einen Fliegeralarm an. Die Stadt bereitet sich darauf vor, die Linie zu halten.

Danke fĂŒr Eure Gebete, Lena

Lena schreibt am Freitag, 11.3.: Gott sei Dank fĂŒr eine gute Nacht. Jeder hat an seinem Platz geschlafen. Dieser Morgen begann ebenfalls ruhig. Meine Nichte, ihr Mann und ich gingen einkaufen, und mein Bruder und meine Frau fuhren nach Oktjabrskoje nach Hause. Aber schon gegen 10 Uhr morgens wurde Kampfalarm ausgerufen. Wir konnten sicher nach Hause zurĂŒckkehren, aber unsere Soldaten ließen meinen Bruder nicht aus Oktyabrsky heraus. Am Rande der Stadt wurden KĂ€mpfe aus mehreren Richtungen ausgetragen. Zweimal gab es einen Luftangriff. Jetzt wurde er beendet.

Russische Truppen konnten die Stadt nicht betreten. Mein Bruder ist jetzt wohlbehalten zurĂŒck. Ich bete und warte auf die RĂŒckkehr der Familie, die bei mir lebt.

Wir warten gespannt auf die Nacht. Wir vertrauen auf den Herrn.

Ich wĂŒnsche Euch eine gesegnete Konfi-Freizeit Lager.

Danke fĂŒr Eure Gebete. Pascha hat uns einen Link geschickt und wir haben Euren You-Tube-Kanal mit den Videos der Friedensgebete bereits abonniert.

In Dankbarkeit Lena.

EIndrĂŒcke aus Nikolajev vom 10.3.:

Lena schreibt am Morgen des 9.3.:

Die grĂ¶ĂŸte Hilfe sind eure Gebete. Der Herr hört sie. Gott sei Dank verlief die Nacht friedlich. Wir erwarten einen Angriff auf die Stadt, aber auch die Natur hilft. In der Nacht fiel Schnee. Technik im Schnee ist sehr sichtbar. – Mein Bruder wurde zur Arbeit gerufen und ich ging mit ihm. Jetzt bin ich in der Kirche. Ich habe die Blumen gegossen, das Siegel und die gesetzlichen Dokumente entfernt, die Heizung ausgeschaltet. … FĂŒr Blumen haben die Jungs ein großes GewĂ€chshaus aus Plastik gebaut, in dem wir einen Konvektor aufgestellt haben. – Jetzt hat der Beschuss wieder begonnen. Ich gehe in den Kirchenkeller, weil sie mich bald nicht abholen können. Lena

Lena schreibt in den Morgenstunden des 8.3.: Gott sei Dank habe ich Strom, Gas und Wasser. Essen gibt es auch. Mein Bruder hat ein Auto und versucht, LebensmittelvorrĂ€te aufzufĂŒllen. Aber in den LĂ€den gibt es fast nichts.

Nach dem nÀchtlichen Beschuss blieben viele Menschen ohne Glas in den Fenstern und einige ohne Unterkunft. Heute ist eine Familie mit zwei Kindern bei mir eingezogen. Eine Granate traf ihre Wohnung. Jetzt sind wir 11 Leute (in einem kleinen Drei-Zimmer-Haus).

Gestern wurde fast den ganzen Tag lang gekĂ€mpft. Russische Truppen konnten die Stadt nicht betreten, aber mit ihrem Beschuss zerstörten sie viele HĂ€user und legten ganze Straßen in TrĂŒmmer. Es gibt nicht nur Opfer unter den MilitĂ€rs, sondern auch Frauen und Kinder.

Einige unserer BrĂŒder und Schwestern aus der Gemeinde blieben heute ohne Strom und Gas zurĂŒck.

Jetzt schlafen alle. Wie lange wir das machen können, weiß ich nicht.

Danke fĂŒr eure Gebete. Wir brauchen das wirklich.

In Dankbarkeit Lena.

7.3.: Zwei Gemeindeglieder haben es mit dem Bus aus Nikolajev nach RumĂ€nien geschafft. Von dort aus fahren sie weiter zu Verwandten nach Polen bzw. SĂŒddeutschland. – Die anderen wollen in der Stadt bleiben. In der Stadt selber sind noch keine russischen KrĂ€fte, aber es wird mit Artellerie in die Stadt hinein geschossen…

Pascha schreibt am 7.3.: Meine Mutter ist mit dem Bus auf den Weg nach Moldawien. Sie hat den anderen Gemeindegliedern vorgeschlagen mitzukommen. Aber keiner wollte. Alle wollen in der Stadt bleiben. 🙁

Nachdem in den Nachrichten von schweren KĂ€mpfen in Nikolajev berichtet wird, schreibt Lena am 6.3.: Liebe BrĂŒder und Schwestern, Der Herr hört eure und unsere Gebete. Danke Gott fĂŒr alles.

Die Nacht verlief ruhig. Jeder hat an seinem Platz geschlafen. Gestern war ein schwieriger Tag. Die Panzer nĂ€herten sich Kulbakino (wo ihr Ira und Igor besucht habt), es gab eine Schießerei. Unsere Truppen haben viel russische AusrĂŒstung zerstört. Der Rest zog sich zurĂŒck. Aber danach gab es mehrere Granaten aus den Smerch-Anlagen, die sich im Bereich des Flughafens Cherson befinden. Mehrere Raketen trafen Wohngebiete in verschiedenen Teilen der Stadt. Es gibt zivile Opfer.

Heute umrundet die russische Maschinerie wieder die Stadt und steht zwischen Kulbakino und Oktyabrsky versucht, in die Stadt einzudringen. Unsere Truppen haben sie noch nicht in die Stadt gelassen. Ich höre vereinzelte SchĂŒsse. In den Luftschutzkeller bin ich bis jetzt noch nicht gegangen.

Danke fĂŒr die Gebete.

Wir haben uns fast alle entschieden, in der Stadt zu bleiben. Nur zwei Frauen aus unserer Gemeinde haben sich auf die Flucht begeben.

Wir alle vertrauen nur auf den AllmÀchtigen Gott. Wir beten.

Pascha schreibt am 5.3.: Gestern gab es neue Versuche, die Stadt (Nikolajev, bzw: ukrainisch Mikolajiv) zu erobern. Sie sind gescheitert. Es ist noch zu gefÀhrlich, aus der Stadt zu fliehen. Es ist aber auch die Gefahr, dass die HÀuser von der Artlilerie getroffen werden wie in Charkow.

Lena schreibt am 4.3.: „Die Nacht in der Stadt verlief relativ ruhig. KĂ€mpfe sind um Nikolajev gegangen. Mit dem Verlust von zwei Panzerkolonien von der Seite von Cherson drangen sie in Nikolaev ein. Territoriale Verteidigungstruppen fĂŒhren derzeit die KĂ€mpfe im Bezirk Oktyabrsky in der NĂ€he von „Vodoley“ (wo wir mit Jugendlichen aus Odessa schwammen).

Es gibt erste Opfer in der Bevölkerung. Wir sind jetzt wieder im Keller.

Das ist, was ich aus dem Umfeld höre.“

Lena schrieb am 2.3.: „Liebe BrĂŒder und Schwestern,

vielen Dank fĂŒr Eure Gebete. Der Herr hörte sie und wir verbrachten zwei NĂ€chte relativ ruhig. Unsere Territorialverteidigungstruppen ließen die Russen nicht in die Stadt. Aber es gab einzelne Raketenangriffe und Beschuss.

Der große Zug ging um die Stadt herum und beschoss auf seinem Weg Siedlungen am Rande der Stadt. Es gibt KĂ€mpfe.

Heute begann der Tag mit einem Luftangriff. Wir haben uns alle in Keller und LuftschutzrĂ€ume in Sicherheit gebracht… In verschiedenen Teilen der Stadt waren Explosionen und SchĂŒsse zu hören.

Internet und Kommunikation sind schlecht. Sie versuchen, uns zu blockieren.

Jetzt sind wir aus dem Versteck gekommen, aber wir sind auf alles vorbereitet. Der Feind zog sich in Richtung der Bezirkszentren Bashtanka, Novaya Odessa und Voznesensk zurĂŒck. Um Nikolaev herum stehen viele große Kolonnen russischer MilitĂ€rausrĂŒstung.

Ein Teil geht in Richtung des sĂŒdukrainischen Kernkraftwerks (gemeint ist das grĂ¶ĂŸte europĂ€ische Kernkraftwerk in Saporishschija).

Ich werde das Schreiben jetzt beenden. Ich weiß nicht, wann dieser Brief verschickt wird, da das Internet verschwunden ist.

Bete fĂŒr uns.

Mit Dankbarkeit Lena und die gesamte Gemeinde der Stadt Nikolaev“

Igor und Irina schrieben am 1.3.: „Die Russen sind noch nicht in Nikolajev einmaschiert. Aber es gibt KĂ€mpfe in kleinere Orten der Umgebung.“

Pasche schrieb am Samstag, 26.02.: „Leider ist es mir nicht gelungen, meine Mutter aus Nikolajev rauszuholen. Aber alle sind in Sicherheit. Letzte Nacht waren sie im Keller. Die Luftangriffe gehen weiter
“